Vom tiefsten Winter der Dolomiten in die Wärme der mediterranen Herzlichkeit
Die Überschreitung der Drei Zinnen bei Schnee, Schatten und viel Kälte hatte Simon Wahli und mich viel Energie gekostet. Wir erholten uns über mehrere Tage und merkten bald, dass wir noch nicht das Bedürfnis hatten, nach Hause zu gehen. Nach so viel Schnee und Eis hatten wir Lust auf eine reine Felstour. Und so entschieden wir uns, an der Marmolada den „Weg durch den Fisch“ (7b+) zu klettern. Natürlich herrschten auch hier winterliche Verhältnisse aber zum Glück hatte ich einen hilfsbereiten Freund, der für uns die besten Rahmenbedingungen schaffen würde: Andrea Milani.
Ich hatte den italienischen Bergführer zufällig kennengelernt. Uns verband ein gemeinsamer Freund, der leider verstorben ist. Und so kontaktierte ich ihn und fragte ihn, wie die Bedingungen in der Wand waren. Er rekognoszierte die Wand im Rahmen einer Skitour, die er für Kunden organisiert hatte und schickte uns Fotos. Er kam auch mit zur Hütte und half uns, das Material hochzutragen. Wir kletterten am Vortag die ersten 6 Seillängen, um unseren Rucksack zu deponieren. Auch hier mussten wir Eispickel und schwere Schuhe für den Ausstieg dabeihaben.
Simon und ich wechselten uns im Vorstieg ab und bei den einfacheren Längen kletterten wir simultan. Wir waren mental sehr gut unterwegs und auch die Schlüsselseillänge konnten wir im onsight Modus klettern. Und weil es so gut lief, wurde ich etwas lockerer und da es im 7a weiterging studierte ich das Topo nicht mehr so genau. Ich hatte das Labyrinth an Routen in dieser grossen Wand etwas unterschätzt. Man sollte trotz gutem Vorwärtskommen halt trotzdem immer achtsam bleiben. Und so verkletterte ich mich um 4m in der 16. Seillänge. Ich konnte die Onsight-Begehung mit Mut, Entschlossenheit und einer kleinen Schwachstelle im Felsen doch noch retten.
Nach 9 Stunden standen wir auf dem Gipfel, wo wir nach kurzem Abseilen auf Andrea Milani trafen. Er hatte unsere Skiausrüstung, Tee und Schokolade mitgebracht. Simon und ich waren glücklich und beeindruckt über die Herzlichkeit und Unterstützung von Andrea. Wir fuhren zusammen nach Malga Ciapela und gönnten uns dort eine Pizza.
Ja und nach diesem schönen und gelungenen Erlebnis entschieden Simon und ich, dass wir genug erlebt hatten und es Zeit war, nach Hause zu fahren. Es war der 4. März und wir hatten noch 3 Wochen frei genommen. Aber wenn man einfach immer weitermacht, verlieren Touren auch ein bisschen an Wert. Plötzlich sind sie nur noch eine Nummer und man rennt rastlos von einem Projekt zum nächsten. Es ist wichtig, dankbar dafür zu sein, dass alles gut gegangen ist und neue Kräfte und Ideen zu sammeln für neue Unternehmungen.