If you go once, you go twice.
Das Yosemite Valley mit seinen eindrücklichen Felstürmen und den unzähligen Klettermöglichkeiten hatte mich und Nik Kohler bei unserem ersten Besuch im Jahr 2018 kein bisschen enttäuscht. Im Gegenteil, wir wussten schon beim Abflug, dass wir wieder kommen würden. Zu viele Projekte lachten uns an in diesen riesigen Granitwänden. So drückten wir 2019 auf die Repeat-Taste.
Nachdem wir bei unserem ersten Besuch unser Können erfolgreich validiert hatten, stiegen die Ambitionen und die Motivation, Grösseres zu probieren.
Wir entschieden uns für „Final Frontier“ als Einstiegstour. Sie bot sich bei den warmen Temperaturen perfekt an, weil sie auf der Schattenseite der sogenannten Leaning Tower ist. Sie ist eine eher moderne Route, die 2014 von James Lukas und Nik Berry eröffnet wurde und bietet 9 sehr schöne Trad-Seillängen im Schwierigkeitsbereich bis maximal 5.13b (8a/8a+).
Unser Hauptprojekt am El Capitan war auf der Südwestseite und wir wollten uns zwischen „Freerider“ und „Golden Gate“ entscheiden. Leider wurde “Freerider” nach der Verfilmung von Alex Honnold’s free solo Kletterei sehr populär und ziemlich überlaufen. Also entschieden wir uns kurzerhand für die Nachbarroute „Golden Gate“.
Diese umfasst 1000 Klettermeter, 41 Seillängen und ist mit 5.13a (8a) bewertet. Natürlich ist sie im Trad-Stil eingerichtet. Sie wurde im Jahr 2000 durch Alexander Huber erstbegangen und gleich darauf Rotpunkt durch die Huber-Brüder gemeinsam.
Nik und ich hatten den Anspruch, in die Route von unten einzusteigen und sie ground up zu klettern. Am Ruhetag brachten wir unser gesamtes Material bis auf oberhalb der Heart Ledge. Wir mussten uns dazu 10 Seillängen hochjümaren. Somit war unser Ruhetag nicht wirklich erholsam. Aber wir hatten unseren Spass und es verschaffte uns einen Vorteil für den ersten Klettertag.
Und so stiegen wir den darauffolgenden Tag ein und kamen sehr effizent und schnell voran. Bald erreichten wir unser Materialdepot. Als erstes erwartete uns eine eindrückliche offwidth Seillänge. Man hatte uns empfohlen, diese Seillänge im Schatten am Nachmittag zu klettern. Da wir aber sehr schnell vorwärtskamen, standen wir bereits um 11.30 und noch in der Morgensonne vor dem Offwidth. Kurz entschlossen kletterten wir los und waren nach 20 Minuten bereits beim Stand. Wir wechselten uns im Vorstieg ab und kamen sehr schnell vorwärts. Die zwei Routen teilten sich eine Seillänge nach diesem eindrücklichen Offwidth. Wir stellten gegen 13.00 Uhr unser Portaledge auf und entschieden uns auszuruhen. Zwei Seillängen später kam der sogenannt Down-Climb Pitch. Der Name war Programm, denn man musste 10 Meter abklettern, da die Route an dieser Stelle der Wand keine natürliche Fortsetzung ermöglichte.
Wir kletterten etwas weiter und richteten beim Abstieg Fixseile für den folgenden Tag ein, um effizient wieder an unseren Highpoint zu kommen. Und so jümarten wir uns am nächsten Morgen die Seile hoch und kletterten unsere Tour weiter, wobei wir uns im Vorstieg abwechselten. Ein besonderes Highlight war die Schlüsselseillänge mit einem interessanten Boulderproblem, das wir im zweiten Versuch mit Foothook-Technik frei klettern konnten. 600 bis 700 m über Boden in einem Boulderproblem zu stecken erlebt man nicht alle Tage.
Unsere Kletterreise ging weiter über Offwidths und schönen Rissen bis plötzlich dunkle Wolken am Horizont erschienen. Kurze Zeit später fing es an zu schneien. Und so stellten wir unser Portaledge wieder auf und versteckten uns vor dem garstigen Wetter. Zwei bis drei Stunden später schien die Sonne wieder und der Fels trocknete schnell. Um 17.00 war der Fels trocken und wir entschieden uns weiterzuklettern. Die schwerste Länge mit einem schmalen Fingerriss stand uns noch bevor. Auch diese kletterten wir im zweiten Versuch frei und nach einem anständigen Fight. Die Stimmung nach dieser Seillänge war grossartig: Wir hatten bereits drei von vier Schlüsselseillängen hinter uns und waren erst zwei Tage in der Wand.
Am kommenden Morgen packten wir eine tückische Klettertraverse an. Auch hier hatten wir als Vorbereitung Fixseile eingerichtet, um energiesparend an die Schlüsselseillänge zu kommen. Wir schafften sie beide onsight/ Flash und damit hatten wir um 9.00 Uhr bereits alle schwierigen Kletterstellen geschafft. Wir kletterten vorsichtig die etwas fragilen Ausstiegsseillängen hoch und waren zwischen 10.00 und 11.00 auf dem Gipfel.
Zweieinhalb Tage hatten wir gebraucht für diese abwechslungsreiche Tour. Wir hatten mehr Zeit und mehr Wasser eingerechnet und so durften wir lachend unsere überschüssigen Wasserreserven ausleeren.
Meine Geschichten im Yosemite sind damit noch nicht beendet und ich freue mich jetzt schon auf das nächste Mal.