Warum Geschichten ein Leben lang bleiben und Erfolge nicht
Es ist wahrlich ein Privileg, Orte wie Patagonien bereisen zu dürfen, zumal ich mit meinen langjährigen Freunden Jonas Schild und Simon Wahli unterwegs war. Ich habe die Berge, die Bedingungen und auch die Leute so anders erlebt als in der Schweiz und das war für mich sehr schön und erfahrungsreich.
Wir konnten gleich zu Beginn an unserem Projekt arbeiten. Wir hatten ein Ziel, waren motiviert und trainiert und hofften auf das Wetterfenster, das niemals kam. So wie uns erging es vielen anderen Kletterern und Bergsteigern, die wir in den verschiedenen Unterkünften trafen. Alle waren mit einem Rucksack an Hoffnungen gekommen und mussten lange auf das gute Wetter warten. Und da sagte ich mir, dass es mich natürlich gefreut hätte, wenn unser Projekt gleich beim ersten Aufenthalt in Patagonien funktioniert hätte. Aber wenn alles immer auf Anhieb geht, würde es mich als Mensch wirklich verändern? Solange ich mich erinnern kann, waren die Projekte am schönsten, für die ich mich am meisten einsetzen musste und auf die ich teilweise lange warten musste. Wie heisst es so schön: “The best view comes always after a hard climb”. Und ausserdem, dachte ich, dass mit dem Vergehen der Zeit die Geschichten zählen, die wir mit anderen erleben. Ein Erfolg treibt uns in der Regel zum nächsten und macht uns manchmal rastlos.
Das unzähmbare und unvorhersehbare Wetter in Patagonien hat mich gelehrt, dass es im Alpinismus auch andere Dimensionen sind, die wichtig sind. Um bis ans Ende des Lebens die Freude, die Neugier und Hingabe an diese Tätigkeit zu behalten, dürfen wir uns durchaus an Erfolgen freuen, aber auch die Erlebnisse, die wir mit anderen teilen dürfen nicht aus den Augen verlieren. Und so bleibt auch für mich Patagonien unvergesslich, nicht nur dank Jonas‘ und Simons Teilnahme. Die internationale Klettercommunity, die Einheimischen, die Touristen, alle hatten Geschichten zu erzählen und bereicherten auf eine oder andere Weise mein Leben.
Trotz schwierigen Wetterverhältnissen gab es so einige Highlights. Wir kletterten gleich zu Beginn in Norwegos, am Base Camp vom Cerro Torre. Davon hatte ich schon Jahre geträumt und zu meinem Geburtstag wurde eine Electroparty und ein Geburtstagskuchen organisiert. Es war einer der schönsten Geburtstage für mich.
Dann konnten wir immerhin ein Drittel unserer geplanten Erstbegehung klettern, was uns als Team sehr gefreut hat.
Wir kletterten über die Guillotina (7a+), eine 300m lange Tour auf die Aguja Guillaumet. Eine fantastische Tour in bestem Granit mit atemberaubender Aussicht. Auf der Aguja Guillaumet war ich auch ein Tag allein unterwegs. Das war mein Geburtstagsgeschenk an mich ein paar Tage davor. Und es war auch mein erster Tag allein in dieser beeindruckenden Umgebung. Ich erlebte die Leichtigkeit und Dynamik am Berg, die Zeit, die nicht mehr existierte, die Weitsicht, Gelassenheit und Ruhe, die sich einstellte. Diesen Tag widmete ich einem guten Freund, mit dem ich dieses Erlebnis gerne geteilt hätte.
Dann war dieses Gebäude mitten im Wald. Erst dachte ich, es wäre ein Chemielabor und später stellte sich heraus, dass es ein Hotel ist. Was man nicht alles entdecken kann, dachte ich.
Eine Route, die wir eröffnet haben, war die „Plan XY“ am El Mocho. Sie ist eine neue Variante der Moribito Route. Eine wunderschöne Linie in goldenem Granit.
Bei der „Grey Yellow Arrow“, ebenfalls am El Mocho, ist der Name Programm. Sie ist ein 45 m langer offwidth-Riss, den ich onsight geklettert bin. Für mich war das der anspruchsvollste Offwidth-Riss, den ich im Alpinen je geklettert bin.
Und dann die unzähligen Sonnen Auf- und Untergänge, die Stimmungen, die Farben, die Bewegungen in diesem makellosen Granit.
Ganz nach meinem Lebensmotto „your move, your art, your story“… to be continued 😊